Fußpilger oder “The Walking Dead*innen“

Stopp, bevor das Bashing losgeht. Ich habe allerhöchsten Respekt vor den Pilger*innen zu Fuß. Das ist eine bravouröse Leistung, auch wenn viele nach St. Jean Pied de Port fliegen oder fahren um die letzten 800 km nach Santiago de Compostela zu laufen. Noch mehr Achtung habe ich für die Läufer*innen die von zuhause aus dorthin pilgern.

Was auffällt ist , dass die meisten alleine gehen, selbst wenn mehrere Pilger*innen zu sehen sind haben sie meistens Abstand zueinander. Der Gang ist derselbe, oft schleppend, vor allem am Ende des Tages. Der Kleidung sieht man die Strecke an, meist wirken die Wanderer*innen lethargisch und abwesend. Das hat sicherlich was mit der eintönigen Strecke zu tun und häufig tragen sie Ohrhörer. Dazu kommt: alle laufen in eine Richtung, das wirkt gruselig, niemand kommt einem entgegen, wie bei einer normalen Wanderung. Es gibt Tage, da fährt man an Dutzenden, ja gar Hunderten Pilger*innen vorbei, die einem dann vorkommen wie eine Horde in “The Walking Dead“.

Wanderer*innen strahlen eine Ruhe aus, es wird nicht geredet, nur das Summen unserer Elektromotoren ist zu hören. Wenn man Buen Camino ruft, bekommt man oft keine Antwort.

Außer, wenn man auf eine Gruppe Amerikanerinnen trifft, das Gendersternchen fehlt mit Absicht, da wird gerufen und geplappert.

Ach ja die Amerikaner*innen. Sie laufen meist in Grüppchen mit leichtem Gepäck und identischem Rucksack, in den kaum ein Vesper passt und vom Reiseveranstalter gestellt wird, in Sneakers von Hotel zu Hotel. Das Gepäck wird mit Kleintransportern zum nächsten Ziel chauffiert.

Hier hat sich eine eigener Wirtschafstszweig entwickelt. Ein Transportsystem, das Pilger*innen, Gepäck oder beides von Ort zu Ort transportiert. Taxis, Kleinbusse, meist mit abgedunkelten Fenstern und Lieferwagen sind teilweise mehr unterwegs als der normale lokale Verkehr. Oft sieht man sie an Pässen, an denen die Reisenden*innen bis kurz vor die Passhöhe fahren und die Fußgänger*innen dann die letzten Höhenmeter erlaufen und ein schickes Passbild machen und per Instagram verschicken können.

Nicht falsch verstehen, jedem das Seine. Wir fahren schließlich auch mit Elektrounterstützung den Pilgerweg. Trotzdem ist jeder Kilometer erarbeitet und das Gepäck transportieren wir selbst. Es macht trotzdem nachdenklich wie diese Idee des Pilgerns umgesetzt wird.

Wir haben auch behinderte Menschen gesehen, die in Begleitung den Weg gehen, Taubstumme, sehr alte Menschen, Familien mit Kleinkindern, diesen gilt unser besonderer Respekt.

200 Kilometer vor Santiago de Compostela sind immer mehr Wanderer*innen zu sehen. Die Gruppen werden immer größer, die Teilnehmer jünger und die Hardcore-Pilger*innen gehen darin unter und fallen kaum noch auf.

Es war immer eine absolut friedliche Atmosphäre, man hat kein Schimpfen, Gezeter oder sonstiges vernommen. Jeder nahm Rücksicht auf den anderen und half, wo es nötig war. Eine tolle Stimmung.

Auffallend ist auch, dass wesentlich mehr Frauen als Männer unterwegs sind. Sind die mutiger und ausdauernder, oder einfach nur sündiger und müssen mehr Buße ableisten? Jeder darf sich seine eigene Meinung bilden.

Am Schluß, auf dem großen Platz vor der Kathedrale, sah man nur glückliche Menschen. Pilger*innen, die sich vor Freude in den Armen lagen, glücklich waren oder vor Rührung weinten. Eine schöne, ausgelassene Stimmung.

Zum Abschluss die Messe in der Kathedrale. Nochmals ein bewegender und feierlicher Moment. Natürlich mit der weltberühmten…

Botafumeiro

Ultreia, buen Camino!

Texte gendergerecht zu verfassen macht keinen Spass, es wird Zeit, dass die Autokorrektur das für einen*innen übernimmt.

2 Kommentare

  1. Muss das sein,
    dass dieser interessante und stilistisch hochwertige Reisebericht durch
    albernen Gender-Mist verunstaltet wird ?

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